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Schellack und Barfrets - ein paar Fragen

Verfasst: Mo Jul 28, 2008 1:58 pm
von stephan
Hallo zusammen !

Obwohl mit den Jahren schon einige Gitarren durch meine Hände gingen hatte ich noch nie eine Gitarre, die mit Barfrets ausgestattet war.
Ebenso habe ich noch nie eine Gitarre mit Schellack (ich glaube, das schreibt man jetzt mit 3 "l") gespielt.

Nun bin ich dabei, eine ca. 10 Jahre alte handgebaute OM zu kaufen, die sowohl Barfrets, als auch Schellack hat. Auch der Hals hat eine Schellackpolitur. Aufgrund der Entfernung habe ich die Gitarre noch nicht testen können.

Natürlich habe ich viel zu diesen Themen gegoogelt, möchte aber hier bei den Praktikern mal nachfragen.

Und zwar folgendes:

1.
Ist das Spielgefühl bei Barfrets erheblich anders bzw. wie fühlen die sich an? Kann es Probleme z.B. beim sliden mit einem Finger über mehrere Saiten geben?

2.
Auch hier im Forum habe ich beim Recherchieren gelesen, dass Barfrets eine Klangverbesserung bringen sollen. Das leuchtet mir nicht ein, denn ob bei normalen T-Frets oder bei Barfrets ist der "Saitenauflagepunkt" (Saite/Fret) identisch, will heissen die Saite liegt auf dem Bunddraht auf, so oder so.

3.
Im Internet ist überall zu lesen, das Schellack eine besondere Pflege braucht. Des Weiteren ist zu lesen, dass man nach dem Spielen den Lack mit einem weichen Tuch abreiben soll. Beim Reinigen nur ein mit Wasser getränktes Tuch verwenden, keine chemischen Zusätze oder Wachs. Danach vorsichtig trocken reiben.
So stehts zu lesen.
Wie ist das denn nun in der Praxis? Wird das Instrument mit Schellack nun zur höchstempfindlichen Diva?
Dazu muss ich sagen, dass ich Wohnzimmerspieler bin und eh pfleglich mit meinen Gitarren umgehe.

4.
Der Verkäufer sagt, dass das Schellack auf der Rückseite der OM nach 10 Jahren etwas gelitten hat.
Auf der Decke dagegen seien nur leicht auspolierbare, nur im Gegenlicht sichtbare oberflächliche Kratzer.
Was muss ich denn für eine "Auffrischung" (nicht Neulackierung) so ungefähr auslegen und kann das den Klang verändern?

5.
Problem Transport
Heute zeigte mein Autothermometer während der Fahrt 31°C und nach 10minütigem Parken 38°C und das sind Aussentemperaturen(!); innen im Auto ist's wärmer. Und ich habe keine Klimaanlage.
Ich habe einfach Angst, dass das Schellack der Gitarre im Koffer beim mehrstündigen Autotransport am Koffer innen anbacken kann.
Bei einem Versand per Post wäre das nicht anders.
Ist diese Angst begründet oder ist das in Wahrheit alles nicht so wild?

Ich habe wie gesagt keinerlei Erfahrung und bin dankbar für ein paar Tipps, die auf tatsächlichen Erfahrungen beruhen, denn ich will lange Freude mit dem Instrument haben.

Danke schonmal im Voraus!

Stephan

Verfasst: Mo Jul 28, 2008 11:12 pm
von Guidarre
Transport:
Mit Zugluft oder Belüftung im Auto sollte es gehen, nicht parken und im Auto lassen..... - wenn sie richtig verpackt ist (Koffer, Füllmaterial & Außenkarton) habe ich auch noch keine Probleme diesbezüglich gehabt. DENNOCH würde ich bei Schellack-Instrumenten kühlere Tage abwarten und vorallem nicht übers Wochenende versenden....

zu 4. und 3.:
Schelllack wird eigentlich "aufpolitiert", nicht "poliert" - d.h. bei einer Auffrischung wird neuer Lack aufgetragen bis der Glanz wieder kommt...
Schelllack reagiert auf Hand-(Arm-)Wärme (ebenso auf Chemikalien und Alkohol).
Eine Auffrischung alle paar Jahre ist bei Schellack-Instrumenten "normal".
Ich muß gestehen ich hab meine Schelllacke lange nicht mehr "angerührt" (in doppeldeutigem Sinne) - die Fachmänner/frauen auf diesem Gebiet werden immer weniger, vielleicht mal Zeit für eine eigene Auffrischung...
Vielleicht mal die Cornelia Traudt anmailen - die macht viel mit Schelllack (sicher andere auch, die fällt mir halt in Sachen Schelllack am ehesten ein)

Zu Spielgefühl und Klangveränderung können sicher diejenigen mehr sagen, die mehr spielen als bauen......

Verfasst: Di Jul 29, 2008 3:40 pm
von stephan
Danke Andreas für deine Antworten.

Ich habe die Gitarre heute abgeholt und tatsächlich einen Tipp von Cornelia Traudts Website benutzt, nämlich eine Decke über den Koffer gelegt und eine reflektierende Alufolie darüber.
Alles auf der Rückbank in meinem Pkw.
Zudem hatte ich für Zugluft gesorgt.
Hat alles prima geklappt.
Jetzt gehts ans Ausprobieren!
Danke nochmals.

Stephan

Verfasst: So Dez 07, 2008 10:17 am
von notenwart
Hallo Stephan....

ist der Klang der Schellack-Gitarre nun deutlich anders (sofern man das vergleichen kann?) als der einer "normal" lackierten?

Verfasst: So Dez 07, 2008 4:20 pm
von stephan
Hallo Thomas !

Knappe Frage, knappe Antwort: Nein.

(soweit ich das beurteilen/hören kann)

Stephan

Verfasst: So Dez 07, 2008 4:23 pm
von notenwart
Mein Eindruck ist, um den Schallack wird viel "Gewese" gemacht
- beste Lackierung
- teuer etc

Nun sagte mir gestern ein Gitarrenbauer, für ihn wäre es eagal, ob Schallack oder was anderes, am liebsten aber Schellack. Und teurer wäre es auch nicht.....

Danke für Deine Antwort, dann ist die Entscheidung doch eher vom vorrangigen Einsatz und der damit verbudneen Gefahr von Dellen etc. abhängig

Verfasst: So Dez 07, 2008 4:43 pm
von stephan
Hallo Thomas nochmal !

Deine Frage war ja, ob der KLANG d e u t l i c h anders ist.

Also jede Gitarre klingt anders, da sind wir uns wohl einig. Bei meiner OM, um die es hier geht, handelt es sich um ein von einer Person allein handgebautes Einzelstück.
Man müßte eben diese Gitarre einmal mit normaler und einmal mit Schelllack-Lackierung hören können, aber das geht nunmal nicht.

Vielleicht hilft dir das: wenn ich die Gitarre mit verbundenen Augen spielen würde, würde ich den Schelllack nicht raushören.
Möglicherweise gibt es aber auch feinere Ohren.

Der Schellack ist recht schön anzusehen und die ebenso aufpolierte Halsrückseite gibt ein Greifgefühl (Anfassgefühl) das toll ist.

Alles in allem bin ich mit der Gitarre sehr zufrieden; bei einer Neuanschaffung in ferner Zukunft werde ich mich aber nicht um Schelllack- oder Barfretsaussattung reissen.

Soviel dazu


Stephan

Verfasst: So Dez 07, 2008 4:57 pm
von notenwart
ok...
danke und schönen abend

Verfasst: So Dez 07, 2008 5:32 pm
von H-bone
Hallo Thomas,

Die Schellackpolitur (French Polishing) ist betimmt in Optik und Haptik die schönste Oberfläche, man muss sich nur tatsächlich der Empfindlichkeit bewusst sein.

Schweiss und vor allem Alkohol sind Gift für die Oberfläche, andrerseits kann man keine Oberfäche wieder so perfekt restaurieren. Eben wie immer - Licht und Schatten...

Klanglich würde ich den Unterschied nicht überbewerten, eine schöne, dünne Nitrolackierung steht da der Schellackpolitur bestimmt nicht nach.

Was die Verarbeitung angeht ist die Schellackpolitur tatsächlich bedeutend "gemütlicher".. das lässt sich ohne grosses Equipment locker am Küchentisch machen, 'ne Menge Arbeit ist es aber tatsächlich auch.

Schellack ist jedenfalls nur für Instrumente anzuraten, die das gepflegte Wohnzimmer seltenst verlassen. Für eine Bühnengitarre etc. ist es definitiv zu empfindlich.

Gruss, Martin

Verfasst: So Dez 07, 2008 10:08 pm
von notenwart
Hallo Martin...

als belesener aber ungelernter Gitarrenanwender versuche ich natürlich, soweit mir möglich, Vor- und Nachteile einzelner Prozessstufen so weit kennen zu lernen, daß ich sie im geplanten Gespräch auch bewerten kann ;-)