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Open Strings - Erste Eindrücke - Gitarrenbauer

Verfasst: Mo Okt 15, 2007 7:39 pm
von Janpeter
Liebe Gitarrenfreunde,

die zehnten Open Strings liegen schon wieder gut zwei Wochen zurück - und ich denke noch gern an unseren fünften Besuch dieses Multi-Festivals: Aussteller von Gitarren und Noten für Gitarren, Wettbewerb und neue und alte Stilrichtungen. Peter Finger und seinem freundlichem und unermüdlichem team sei nochmals sehr herzlich gedankt!

Von meinen Besuchen der etwas willkürlich ausgesuchten Gitarrenbauer möchte ich als Laien-Musiker und Amateur-Gitarrist erzählen.

Ein guter Bekannter aus Osnabrück und ich machten einen ersten Halt bei BSG und spielten eine zwölfsaitige Jumbo mit Zederndecke, wie ich mich hoffentlich richtig erinnere, an und waren gleich vom vollen, offenen lang begeistert, der vielleicht auch ein bisschen overdrive mit sich führt. Hier klingt die eigene Guild JF-30-12 natürlich stillschweigend mit. - Auch die Jumbo mit Fichtendecke und Boden und Zargen aus Palisander begeisterte spontan. Die Ausgewogenheit müsste man freilich nochmals in einem leisen Seitenzimmer verifizieren; da denke ich besonders als fingerpicker. Open tunings oder außergewöhnliche voicings müssen sicherlich ganz gut heraus kommen. Äußerst nett und verbindlich waren die Gespräche mit dem Firmen-Ehepaar; hier gewinnt man gleich den Eindruck, tschechische Freunde zu treffen.

Patrick Queener, one more time! Das schöne Parlour-Modell für das feine konzertante Spiel und Patricks OM-Modell gingen mir wiederum gern ins Ohr.

Daneben standen gleich die ax'es des verschmitzt und gutlaunig schmunzelnden Johannes Striebel. Seine beiden blonden Jumbos vermochten auch gleich spontan zu überzeugen. Da ist man doch manchmal geneigt, nochmals neu zu investieren, stünden nicht die großen Summen auf den kleinen Preisschildchen. Ich denke, sie lagen in ihrer Ausgewogenheit nicht weit weg von meiner alten Guild; der Klang konnte allerdings gleich ganz frei und luftig zupacken. Daran denke ich gern wieder zurück.

Ein Entdeckung waren für mich die "Minijumbos" von Albert Müller; ich dachte früher, dass hier eigentlich nur klassische Gitarren gebaut würden; nein, auch feine steelstrings kommen aus dieser Meisterwerkstatt - In der Hand hatte ich erst eine schöne S 1 mit Fichtendecke und Palisander-Boden und Zargen, die mich mit ihrem satin-finish an meine Lowden erinnerte. Ihr ausgewogener Klang gefiel mir gleich recht gut. Die nächste, die ich in die Hand nahm, war die S 5, wie mir der Meister nachher erklärte. Sie klang nicht nur schön ausgewogen, sondern auch gleich frisch und frei, dynamisch sofort in allen Registern präsent. Der Meister, Herr Müller, war so nett, mir dann auch gleich den Unterschied klar zu machen. Die S 1 ist ein Modell der "Gesellen"-Bauserie, die auf den anerkannten Bauweisen beruht; die S 5 ist das "Meister"-Modell, in das die Erfahrungen und manche Konzeptionen der klassischen Gitarre in eine steelstring, gewisserweise prototypisch, Eingang gefunden haben. Das klangliche Ergebnis überzeugt in jedem Fall. Herrn Müller möchte ich für seine freundlichen Erklärungen hierzu und seine DVD sehr danken! - Schade nur, dass die Zwölfsaitige, die in der letzten Ausgabe des deutschen Akustik-Gitarre-Magazins vorgestellt wurde, nicht zum Anspielen präsent war.

Beim Stand von Guitar Bazar hingen die Aushänge-Schilder der bekannten-unbekannten amerikanischen luthiers, deren Namen ich nur aus dem American Acoustic Guitar Magazin kenne. Es reizte natürlich, eine Kevin Ryan durch laikales Spiel zu entehren. Nachdem ich glaubhaft versichern konnte, über eine gültige Police einer bundesdeutschen Haftpflichtversicherung zu verfügen war es mir dann auch verstattet, eine Kevin Ryan anzuspielen. Meine Enttäuschung will ich indes auch nicht verheimlichen: weder Volumen noch Ausgeglichenheit konnten mich auch nur einigermaßen überzeugen; auch die Bespielbarkeit wollte keine Freude aufkommen lassen. Sicherlich eine märchenhafte Gitarre für die wenigen Wunderbarone, die solche Stücklein in Museen und Sammlungen belüften und beherbergen mögen.

Aus Rache und zum Kontrast griff ich gleich zu einem Neubau von George Lowden am gegenüberliegenden Stand aus Viersen, der nebenbei auch amerikanische Gitarren ausstellte. Ganz klar! Auf der Lowden war ich sofort daheim, die machte Spaß, das ist echtes Gitarre spielen ohne Grenzen! Kräftig in allen Lagen, klar und brillant. Da möchte ich doch noch einmal ansparen und George Lowden in Newtonards besuchen. Die Lowden ist ihr Geld sicher wert; sie ist Gitarre von Feinsten, deren siebte Saite bis nach Irland, der grünen Insel, reicht.

Am Tag drauf machte ich bei Volkert-Gitarrenbau Halt. Dazu lädt der sehr nette, junge langhaarige Typ am Stand auch wirklich sehr freundlich ein; man wird gleich an die guten Tage des songwriting erinnert, ohne darauf festgelegt zu sein. Die Zwölfsaitige aus Franken sprach mich gleich an. Sicherlich auch das sechssaitige Modell! Das etwas dunkle timbre des Klangs macht meinem Eindruck nach den genuinen Eigenwert des fränkischen Sechssaiters aus, das mir gut gefallen hatte und die tieferen, verborgeneren Seelenschichten anzusprechen schien. Hier möchte man verweilen und noch weiter spielen oder dem netten Typ beim picking zuhören.

Die Korpus-Formen von Rissmann-Gitarrenbau aus Münster erinnern etwas an Kevin Ryan, sehen aber in der Verarbeitung feiner und edler aus; sie transportieren daher etwas von besonderer Exklusivität. Für mich war interessant, dass aus der Spieler-Perspektive das Vollkorpus-Modell doch ausgewogener und voller klingt, als das "Mehrloch"-Modell, das gegenüber dem Ersteren etwas gebremster wirkte. Zum Spielen und Greifen, auch in etwas höheren Lagen, lassen sich beide Modelle wirklich gut!

Mit Dank durfte ich nochmals das Modell aus Emden von DGS anspielen. Um den Klang richtig zu erfassen, müsste man aber mal in ein stilles Nebenzimmer flüchten dürfen; gleich vorn am Eingang lassen sich die akustischen Qualitäten nicht so gut abhören. Die Gitarre erinnert mich aber auch nicht-akustisch etwas an die bekannten Jumbo-Modelle des großen amerikanischen Bruders; dabei würde ich freilich bei der liebevollen Emdener Schwester verharren!

Diese Runde war sicherlich willkürlich; ich spiele und schreibe hier als Laie. Flirrende Höhen von exiliantester Filigranität und durchsetzungsstarke Bässe, die unendlich lang und differenziert ausklingen sollen, sind mir deshalb nicht stets leicht bei Ohr noch Hand. Mein Fazit ist eher:

(a) In Deutschland und Tschechien (!) werden Gitarren gebaut, die es mit den amerikanischen Modellen gut aufnehmen und sicherlich jede Gitarre von der Stange deutlich übertreffen. Das macht Mut, sich die nächste Gitarre ganz bestimmt hier zu kaufen! Die freundlichen Begegnungen geben zusätzlich eine uneinbringlich persönliche Note! Eine Gitarre kann dann wirklich auch entstehen und sich dann im eigenen Spiel entwickeln.

(b) Jede Gitarre klingt anders und hat ihren spezifischen Eigenwert. Noch vor wenigen Jahren hätte ich geschmunzelt, wenn mir Jemand gesagt hätte, man brauche für unterschiedliche Klangeigenschaften unterschiedliche Gitarren. Heute genieße ich die Möglichkeit, zumindest zu wissen, dass es einige feine Gitarren mit unterschiedlichen Klangtimbres gibt. - Wenn mein eigenes Spiel fortgeschrittener sein wird und ich mir über einzelne Spielrichtungen besser im Klaren sein werde, werde ich nochmals zu einer oder zwei neuen Gitarren aus Deutschland oder Tschechien greifen. Eine dieser persönlichen Stilrichtungen führt mich augenblicklich auch zur Laute.

(c) Die jeweils subjektiven Momente überschreiten vermutlich alle jeweils für sich bestehenden objektiven Tatsachen. Dieser Umstand macht die Auswahl keinesfalls leichter.


Ich würde mich freuen, wenn ich diese Eindrücke von meinem Bummel mit anderen Besuchern teilen könnte. Für mich ist es immer bereichernd, Anderen in ihren Erfahrungen und Beobachtungen zuzuhören. - Nochmals vielen Dank an Peter Finger und sein team und die vielen netten Aussteller, die auch dann präsent sind, wenn sie nicht sofort zwanzig oder fünfzig Gitarren verkaufen, sonder auch Laien die Gelegenheit geben, ihre schönen Instrumente zu bestaunen und zu bespielen.


Euer Janpeter

Verfasst: Di Okt 16, 2007 9:53 am
von stephan
Danke und Lob für diese Ausführungen.
Da es von Mainz nach Osnabrück ziemlich weit ist, war ich nicht auf den Open Strings. Aufgrund dieses Berichts konnte ich Deinen Besuch so richtig plastisch nachfühlen. Zudem ist alles kompetent und sehr angenehm geschrieben.
Es hat Spaß gemacht, das zu lesen.

Im ruhigen Nebenraum ausprobiert hätte die Ryan vielleicht auch besser abgeschnitten?

Liebe Grüsse und weiter so

Stephan