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Alles, was mit akustischer Gitarrenmusik zu tun hat und sonst nirgends hineinpaßt

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Pida
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Beitrag von Pida »

Den Versuch, die Spielfreude an der Mimik abzulesen, halte ich für gewagt.

Es gibt viele Videos von erwachsenen Europäern oder Amerikanern, die eine Fingerstyle-Komposition nachspielen und dabei alles andere als fröhlich in die Kamera schauen. Über das Wohl dieser Leute macht sich niemand Sorgen; es kommt höchstens mal der Hinweis, die Performance könnte besser sein (Tatsächlich glaube ich, das der Anschein von Spielfreude vor allem als bewusst eingesetzter Bestandteil der Show bei Profis auf der Bühne zu finden ist).

Und selbst wenn die Eltern oder sonstwer einen gewissen Druck auf Sungha Jung ausüben, muss das m.E. nicht falsch sein. Die beste Musikerin, die ich persönlich kenne, ist ihren Eltern und Lehrern dafür heute sehr dankbar.

Wenn wir mal von der Musik abstrahieren: Welche Erziehung kommt denn ohne Zwang aus? Ob es davon in Bezug auf Sungha Jungs Gitarrenspiel zu viel gibt, ist eine Frage, die sich m.E. nicht anhand von YouTube-Videos beantworten lässt.
stringbound
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Beitrag von stringbound »

Hallo Uwe,

beziehe meine Beiträge bitte nicht auf dich, sondern versuche sie so neutral wie möglich zu lesen.
Ich meine das im übertragenem Sinn, denn hier geht es um Sungha Jung und da machst du genau das: du überträgst deine Vorstellungen auf ihn.

Wie kannst du, als Aussenstehender, das Leben eines anderen Menschen, in diesem Fall Sungha Jung, beurteilen?
Wie kannst du über das "verkümmern der Seelenkräfte" seiner Eltern oder seiner Förderer, Ulli Bögershausen und Martin Seeliger von Lakewood, spekulieren?
Ich habe sowohl Ulli Bögershausen, als auch Martin Seeliger getroffen und keiner von ihnen würde sich dafür hergeben, Eltern dabei zu unterstützen, Kinder als Einnamequelle zu missbrauchen.

Der Traum von Sungha Jungs Kindheit ist es ein professioneller Gitarrist zu werden, so wie sein Held, Ulli Bögershausen.
Dieser Traum ist fast ausgeträumt, da er gerade dabei ist ihn zu verwirklichen.
Er wird das Leben als professioneller Musiker in allen Facetten kennenlernen und vielleicht verliert er darüber auch die Freude am Instrument.
Das dumme, aber auch interessante, an einem erfüllten Traum ist, dass man einen neuen Traum braucht.
Mal sehen, welchen Traum er als Nächstes hat, was aus ihm wir wenn er mit der Schule fertig ist und welches Studium er beginnt.

Ich will dir nichts Böses, aber ich wünsche dir eine Woche mit einem "hochbegabten" Kind, wie dem 5-jährigen Neffen meiner Freundin.
Manche Menschen kann man weder lenken, noch bremsen, auch wenn man dies gerne tun möchte.

Musikalische Grüße,

Joe
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wuwei
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Beitrag von wuwei »

Hallo Joe,

danke für Deine Klarstellung! Es hätte mich tief bekümmert, wenn meine Worte von Dir in einer Weise gelesen würden, die ihnen nicht eignet.

Was nun unser eigentliches Thema betrifft, enthalten Deine Beiträge eine Fülle von Nachdenkenswertem. Mein Hauptargument scheint jedoch noch nicht angekommen zu sein. Mein Ausgangspunkt war die Frage, ob es kindgemäß sei, sich ein Ziel zu setzen und daran zu arbeiten, dieses Ziel zu verwirklichen.

Diese Frage ist durchaus allgemein zu verstehen, also losgelöst von dem "Fall Sungha Jung". Ich hatte bewußt auf eine nähere Ausführung dieses Gedankens verzichtet, weil er, recht betrachtet, eine fundamentale Zivilisationskritik enthält. Nachdem ich aber niemandem meine Vorstellungen aufdrängen will, sollte es jedem selbst überlassen bleiben, wie weit er sich auf derlei Erwägungen einläßt.

Meine Erfahrung ist, daß ein Kind immer im Jetzt und Hier lebt. Es lebt immer im Augenblick, in der Gegenwart. Jeder, der selber Kinder großgezogen hat, kann ein Lied davon singen. Und ähnlich wie der Zeitpunkt, an dem das Kind zum ersten Mal von sich selbst als "Ich" spricht, damit zwischen Subjekt und Objekt unterscheidend, eine Bewußtseinsrevolution bedeutet, verhält es sich mit der Unterscheidung zwischen Gegenwart und Zukunft. Sie stellt eine Bewußtseinsrevolution dar, die viele Menschen nur lückenhaft vollziehen, manche auch nie.

Die bewußte Trennung von Gegenwart und Zukunft, ja das Denken von Zukunft überhaupt, hat enorme Voraussetzungen. Unter anderem ein hochentwickeltes Vorstellungsvermögen. So wie die Entwicklung jeglicher Fähigkeit eine Notwendigkeit zur Voraussetzung hat, ist dies auch bei der Entwicklung des Vorstellungsvermögens der Fall. Die Not aber, die mit ihm (dem Vorstellungsvermögen) gewendet werden soll, ist immer eine seelische! Das Vorstellungsvermögen dient in diesem Sinne der Kompensation seelischer Überforderung.

Meine Behauptung ist also: entwickelt ein Kind bereits ein so starkes Vorstellungsvermögen, daß es Zielansprachen (= Zukunftsprojektionen) aus sich hervorbringt, und bereit ist dafür dauerhafte (= ebenfalls zukunftsorientiert) Leistungen zu erbringen, muß es in einer seelischen Notlage sein. Diese können, gemessen an Sungha Jungs Alter, nur von der Art sein, daß seiner Seele durch Vorstellungsübertragungen die Luft zum Atmen genommen wird.

Deshalb mein Hinweis auf die Gefahr der seelischen Verkümmerung.

Puh! Du bringst mich ganz schön ins Schwitzen.

Herzliche Grüße,

Uwe
Zuletzt geändert von wuwei am So Jul 17, 2011 5:55 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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notenwart
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Beitrag von notenwart »

wuwei hat geschrieben:...Meine Behauptung ist also: entwickelt ein Kind bereits ein so starkes Vorstellungsvermögen, daß es Zielansprachen (= Zukunftsprojektionen) aus sich hervorbringt, und bereit ist dafür dauerhafte (= ebenfalls zukunftsorientiert) Leistungen zu erbringen, muß es in einer seelischen Notlage sein. ....
Hallo Uwe,
da müßte man zuerst einmal "Kind" im Sinne der geistigen Reife, solch eine Aussage zu treffen, definieren.
Als nächstes sollte man eine Übereinkunft über den Begriff "seelische Notlage" erzielen.
Und dann müßte man prüfen können, ob diese Kriterien auf Shunga Jung zutreffen.
Lutz

Beitrag von Lutz »

Hallo Uwe,
du gibst eine gut durchdachte - und tief schürfende Analyse - das stimmt durchaus mit psychologischen Erkenntnissen überein.
Ich gebe aber zu bedenken, dass es heute nicht wenige Kinder gibt, die gar nicht mehr in unsere Annahmen hineinpassen, Fähigkeiten und Reife mitbringen, die jenseits der bekannten Kategorien liegen. Das geht von Kindern, die einfach "anders als andere" sind über hochbegabte bis hin zu KIndern, die uns unbegreifliche paranormale Fähigkeiten zeigen und auch in Untersuchungen nachweislich zeigen konnten, weit über das hinaus, was wir so verstehen.

Ob Sungha Jung hier hineinpasst, möchte ich nicht beurteilen.

Herzlichen Gruß
Lutz
stringbound
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Beitrag von stringbound »

wuwei hat geschrieben:Meine Erfahrung ist, daß ein Kind immer im Jetzt und Hier lebt. Es lebt immer im Augenblick, in der Gegenwart. Jeder, der selber Kinder großgezogen hat, kann ein Lied davon singen. Und ähnlich wie der Zeitpunkt, an dem das Kind zum ersten Mal von sich selbst als "Ich" spricht, damit zwischen Subjekt und Objekt unterscheidend, eine Bewußtseinsrevolution bedeutet, verhält es sich mit der Unterscheidung zwischen Gegenwart und Zukunft. Sie stellt eine Bewußtseinsrevolution dar, die viele Menschen nur lückenhaft vollziehen, manche auch nie.
...

Meine Behauptung ist also: entwickelt ein Kind bereits ein so starkes Vorstellungsvermögen, daß es Zielansprachen (= Zukunftsprojektionen) aus sich hervorbringt, und bereit ist dafür dauerhafte (= ebenfalls zukunftsorientiert) Leistungen zu erbringen, muß es in einer seelischen Notlage sein. Diese können, gemessen an Sungha Jungs Alter, nur von der Art sein, daß seiner Seele durch Vorstellungsübertragungen die Luft zum Atmen genommen wird.
Da muss ich passen, denn als Autist lebe ich immer im Hier und Jetzt.
Ob und in wieweit sich das bei anderen Menschen verändert kann ich nicht beurteilen.
Meine Ziele sind immer noch die Gleichen wie vor vierzig Jahren: ich will mein Gitarrenspiel verbessern.
Mir geht es nur darum, mein Ziel zu erreichen, egal wie schwer das ist, wie lange das dauert und auf was ich "verzichten" muss.
Daran, mein Ziel zu erreichden, arbeite ich den Großteil des Tages und das hat auch bei der Wahl meines Arbeitsplatzes eine große Rolle gespielt.
Hätte ich den nicht, wäre ich gezwungen mein Geld mit der Gitarre zu verdienen, was ich zum Teil auch immer noch mache.

Du beziehst dich auf das, was du von "normalen" Kindern weißt und überträgst das auf ein Kind, dass offensichtlich nicht normal ist.
Ich kann mich nur wiederholen: ich wünsche dir eine Woche mit einem hochbegabten Kind.
Danach diskutiere ich gerne mit dir darüber, wer wessen Seele verkümmern lässt...

Bevor ich es vergesse: ich glaube beobachtet zu haben, dass es der Gedanke an die Zukunft ist, der Menschen unter Druck setzt.
Im Hier und Jetzt zu Leben hat den Vorteil, dass man nie unter Druck steht.
Man hat alle Zeit der Welt sein Ziel zu erreichen und dadurch keine Barrieren wie "das schaffe ich nie" im Kopf. ;-)
Meine Freundin sagt immer, dass ich keinen Ehrgeiz habe.
Ich betrachte das als Kompliment.
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Geli
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Beitrag von Geli »

Meine Behauptung ist also: entwickelt ein Kind bereits ein so starkes Vorstellungsvermögen, daß es Zielansprachen (= Zukunftsprojektionen) aus sich hervorbringt, und bereit ist dafür dauerhafte (= ebenfalls zukunftsorientiert) Leistungen zu erbringen, muß es in einer seelischen Notlage sein. Diese können, gemessen an Sungha Jungs Alter, nur von der Art sein, daß seiner Seele durch Vorstellungsübertragungen die Luft zum Atmen genommen wird.
Diese Behauptung halte ich für eine ziemlich heftige Diffamierung aller Kinder, deren Vorstellungsvermögen etwas weitsichtiger und realitätsnäher ist, als das derer, die vom Lokführer oder Prinzessinnnendasein träumen.

:roll:

Gruß
Geli


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Herigo
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Beitrag von Herigo »

ich hoffe das dieser disput so sachlich bleibt wie er im moment ist, denn ich kann aus fast jeder aussage für mich etwas heraus ziehen.
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stringbound
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Beitrag von stringbound »

Herigo hat geschrieben:ich hoffe das dieser disput so sachlich bleibt wie er im moment ist, denn ich kann aus fast jeder aussage für mich etwas heraus ziehen.
Naja, das einen Disput zu nennen finde ich übertrieben, es ist ein Austauschen von Ansichten und Überlegungen.
Es geht nicht darum rechtzuhaben, sondern eher darum, die eigene Position zu hinterfragen.

Apropos eigene Position, warum scheiden sich die Gemüter eigentlich nicht an Musikern wie Joe Robinson, Sönke Meinen oder Judith Beckedorf?
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wuwei
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Beitrag von wuwei »

Hallo,

@Thomas: sehr wichtig und richtig eine Begriffsklärung anzumahnen, damit kein Streit um des Kaisers neue Kleider entsteht.

Mein Gebrauch des Wortes Kind ist volkstümlich, bezeichnet also einen Menschen ohne Geschlechtsreife. Insofern zögere ich nicht auch höchstbegabte, oder anderweitig von der Norm abweichende Kinder, eben als Kinder zu bezeichnen.

Unter seelischer Notlage verstehe ich eine Überforderung der seelischen Kräfte, die zum Verlust des inneren Gleichgewichts führt, oder gar zur völligen Haltlosigkeit. Primär ist daran nichts negatives, weil jeder Entwicklungsschritt des Menschen eine Überforderung der zuvor ausreichenden Seelenkräfte bedeutet.

Es macht allerdings einen erheblichen Unterschied, ob diese Überforderung durch die, der eigenen Natur gemäßen, Entwicklung hervorgerufen, oder von außen erzwungen wird. Denn im ersten Fall wachsen einem auch die Kräfte zu, sich auf einem neuen Niveau einzupendeln, im zweiten aber nicht.

Auch ist zu bedenken, daß jede seelische Notlage ein enormes Kreativitätspotential in sich birgt. Hierher der schöne Satz aus Johnny's Signatur: "art never comes from happiness".

@Lutz: ist glaub ich oben schon mit eingeschlossen, soweit ich dazu was Konstruktives beibringen kann.

@Geli: schön, daß Du Dich auch beteiligst. Alte Segelfliegerweisheit: "Nach oben kommt man nur durch Gegenwind!" :wink: Ein paar Beispiele wären nicht schlecht.

@Joe: gut oder schlecht, richtig oder falsch, usw. sind keine Kategorien die mein Denken beschäftigen. Auch halte ich soziales Verhalten nicht für der Weisheit letzten Schluß. Wir sind uns in vielen Anschauungen bedeutend näher, als man glauben könnte.

Herzliche Grüße, Uwe
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Geli
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Beitrag von Geli »

@Geli: schön, daß Du Dich auch beteiligst. Alte Segelfliegerweisheit: "Nach oben kommt man nur durch Gegenwind!" Wink Ein paar Beispiele wären nicht schlecht.
Häh? Beispiele für was, wofür?


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wuwei
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Beitrag von wuwei »

Geli hat geschrieben:Diese Behauptung halte ich für eine ziemlich heftige Diffamierung aller Kinder, deren Vorstellungsvermögen etwas weitsichtiger und realitätsnäher ist, als das derer, die vom Lokführer oder Prinzessinnnendasein träumen.
Ja nun, abgesehen davon, daß Deine Äußerung eine Diffamierung aller Kinder darstellt, die vom Lokführer- oder Prinzessinnendasein träumen, kann ich mir unter einem kindlichen Vorstellungsvermögen, das zugleich weitsichtiger und realitätsnäher ist, absolut nichts vorstellen. Deshalb meine Bitte um Beispiele für dieses Vorstellungsvermögen.

Herzliche Grüße, Uwe
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Herigo
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Beitrag von Herigo »

nun ja ich will es mal so formulieren, kinder sind immer "abziehbilder" der erwachsenen, das halte ich eigentlich für natürlich. wenn du wissen willst was die für eltern für menschen sind musst du nur die kinder beobachten. die kinder haben kaum eine andere chance. jeder mensch hat seinen ureigenen charakter trotzdem entwickelt man sich immer auch im kontext zu seiner umgebung, und das sind eben zunächst einmal (im normalfall) die eltern.
hier wurde erwähnt, dass erziehung ohne druck nicht geht (ich glaube es war pida), das sehe ich etwas anders. erziehung mit druck ist dressur und so sitzen die kleinen mit ihren gitarren auf den stühlen wie dressierte affen. ich halte das für ausbeutung zum vergnügen der erwachsenen die das vielleicht noch als süß empfinden. ich finde es abstoßend auch wenn die mittlere mit eifer dabei zu sein scheint.
fördern und fordern ist nicht unbedingt dasselbe.
bleiben wir doch mal bei steffi graf, die hat ja ihre karriere schon hinter sich und kann mit den früchten ganz gut leben. viel gelacht hat sie während ihrer glanzzeit nicht. die frage ist nur wäre sie auch die nummer eins geworden ohne ihren vater, der sie scheinbar ziemlich dressiert hat. besser gesagt wäre sie auch mit weniger druck und mehr förderung so weit gekommen.
was wäre mit Vettel wenn sein vater nicht mit ihm samstags nach ladenschluß auf einem supermarktparkplatz in heppenheim mit so einem cart trainiert hätte bis die polizei kam, das ist ja gerade 10-12 jahre her, michael schumacher feierte seine ersten erfolge, ich kann mich noch gut daran erinnern, nicht im leben hätte ich daran gedacht den zukünftigen weltmeister zu sehen. da war kein druck, das war begeisterung auf beiden seiten.
ich denke egal wie man es dreht, die eltern haben einen wesentlichen anteil an einer erfolgreichen karriere eines "wunderkindes", mit oder ohne druck.
und was ist mit mir und all jenen denen man versuchte musikmachen als brotlose kunst auszureden, die schlicht aus einem unmusikalischen ja sogar ganz und gar unmusischem hause kommen, haben sie überhaupt eine begabung, wurden sie in ihrer entwicklung behindert? oder ist ihre intensive beschäftigung mit kunst mehr trotz und auflehnung als tatsächliche begabung.
es gibt sicherlich begabte die (ich glaube sogar sehr viele) zu "bequem" sind aus dieser begabung etwas zu machen. sollen eltern talentscout sein und ständig nach extremer begabung ausschau halten?
wichtig ist es für die meisten menschen der norm zu entsprechen (das gilt natürlich auch für ihre kinder), gute zensuren zu bekommen und im rahmen der norm (in einem anerkannten beruf) karriere zu machen.
nur wenige wollen wirklich an "die öffentlichkeit" und dort möglichst erfolgreich sein.
das ist alles nicht so schwarz-weis, eher unübersichtlich...
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Pida
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Beitrag von Pida »

Herigo hat geschrieben:hier wurde erwähnt, dass erziehung ohne druck nicht geht (ich glaube es war pida), das sehe ich etwas anders. erziehung mit druck ist dressur und so sitzen die kleinen mit ihren gitarren auf den stühlen wie dressierte affen.
Erziehung ohne Druck geht schon, manche Eltern versuchen ja auch, das zu praktizieren (zumindest, bis das Kind bei rot über die Straße laufen will o.ä.). Aber kann das gute Erziehung sein?

Bei dem Video mit den aneinander aufgereihten Kindern wird mir auch anders, den Drill, den ich dahinter vermute, befürworte ich nicht.

Aber was ist z. B. mit der Schule? Untersuchungen deuten zum einen darauf hin, dass ein 'laufen lassen' der kindlichen Entwicklung eher negative Auswirkungen auf die schulischen Leistungen hat. Sie zeigen aber auch, dass solche Erziehungsstile nicht unbedingt ideal für eine gesunde psychische Entwicklung sind.

Und was ist mit dem Sozialverhalten? Soll man einem Kind freien Lauf lassen, das grade wütend auf einen Altersgenossen ist? Oder alles Spielzeug für sich beansprucht?

Natürlich sind das alles viel alltäglichere Dinge als das Spiel und der dahinter zu vermutende Zeitaufwand eines Sungha Jung. Aber auch in diesem bereich finde ich einen gewissen (!) Druck richtig. Sungha Jung hat hoffentlich noch viele Jahrzehnte vor sich, in dem sein Spiel im nicht nur berufliche Perspektiven, sondern auch Anerkennung und Freude bringen wird. Ich denke, dass das gewisse (!) Einschränkungen seiner Freiheit in jungen Jahren wert wäre.

Ich würde meine Kinder sicher nicht so erziehen, wie Amy Chua, deren Buch in den letzten Monaten öfter in den Medien auftauchte. Ich kann ihren Aussagen aber schon etwas abgewinnen (Stichwort delayed gratification auf Seite 2):
http://www.zeit.de/2011/11/Tiger-Mom-Amy-Chua
stringbound
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Beitrag von stringbound »

Pida hat geschrieben:Bei dem Video mit den aneinander aufgereihten Kindern wird mir auch anders, den Drill, den ich dahinter vermute, befürworte ich nicht
Anfang der neunziger Jahre hat meine Freundin ein paar Jahre in Peking studiert und ihren Sohn mitgenommen.
Er war damals vier Jahre alt und ist während der Zeit in einen chinesischem Kindergarten gegangen und er schwärmt heute noch von der Zeit.
Davon, wie die Kinder beschäftigt wurden und wieviel Spass sie mit den Erzieherinnen hatten.
Eine seiner damaligen Erzieherinnen besucht er noch heute wenn er in Peking ist.

Damals wurde bei ihm ein Talent für Tischtennis entdeckt.
Daraufhin wurde in er China so sehr "gedrillt", dass er in seiner Altersklasse Berliner Meister wurde.
Hier in Deutschland hat er dann das Training aufgegeben.
Zuviel Druck, zu wenig Spaß und ein unmotiviertre Trainer, der ihn erst wahrgenommen hat, als er Meister wurde und nicht einmal richtig wusste, wie er heißt.
Im deutschen Kindergarten hat er es zwei Wochen lang ausgehalten.
Er fand, dass die Kinder sich, im Vergleich zum chinesischen Kindergarten, zu sehr selbst überlassen wurden.
Richtige Herausforderungen, egal ob geistig oder körperlich, gab es nicht und durch das Fehlen des, aus China gewohnten, "Drills" fühlte er sich unterfordert und hat sich nur gelangweilt.

Zum Vergleich: im chinesischen Kindergarten hat er chinesisch gelernt, dazu lesen und schreiben (chinesisch), die vier Grundrechenarten und Körperbeherrschung durch Sport und Spaß gehabt.
In Deutschland hat er gelernt, dass man Lesen, Schreiben und Rechnen in der Schule lernt, dass man sich um einen Platz am Tisch und das Spielzeug streitet und sich gelangweilt.
Desweiterenn hat er gelernt, dass man weder abgeben, noch teilen muss, wenn man das nicht will und das man die Erzieher(innen) nicht beim Rauchen und Tratschen stört...
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