Akustikschaumstoff: Effekt auch wenn abgehangen?

Tonabnehmer, Vorverstärker, Setup, Saitenverschleiß oder sonstwelche technischen Aspekte der Gitarristerei....

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Holger Hendel
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Akustikschaumstoff: Effekt auch wenn abgehangen?

Beitrag von Holger Hendel »

Moin mal wieder, zur akustischen Optimierung meines Aufnahmezimmers ("Ein-Raum-Konzeptlösung") habe ich bislang diversen Akustikschaumstoff im Einsatz: 8 cm Noppen, 6 cm Noppen, 3 cm Noppen, angebracht an verschiedenen Positionen im Raum. Das schon seit Jahren. Mein Eindruck: fein, es liefert eine brauchbare Grundlage für trockene Aufnahmen. Einige Zeit später, auch schon Jahre her, die Anschaffung eines Mic-Screens, wieder der Eindruck: fein, bringt was. Jetzt ist mein Verlangen gewachsen, noch mehr Transparenz im Raum zu erzeugen, hauptsächlich weil ich Sprecher aufnehmen soll (muss / darf...wie auch immer).

Der Raum ist im Keller, von Natur aus recht dunkel. Der Akustikschaumstoff, der für mein geringes Musiker-Budget hinlangt ist leider idR dunkel, sobald es um grauen oder weißen Schaumstoff geht - Preisaufschlag. Und das zieht sich wie ein roter Faden durch alle Anbieter...sei es Thomann, Schaumstofflager, Pyramidenkönig usw. usw. :( Daher mein Plan: ich kaufe den billigen dunklen und hänge ihn mit Tüchern ab, mit rel. dünnen Dekotüchern wie hier im Video:

http://www.youtube.com/watch?v=9a1AtdnR ... ideo_title

Wirklich hell wird der Raum dadurch nicht, ist mir völlig klar. Aber immer noch besser als schwarze Pyramiden.

Ich habe nur ganz grob Ahnung von Akustikbau und den Auswirkungen vom Tuchbehang auf die Funktion der Noppen - daher meine Frage: ist mein Gedankengang soweit richtig, ist es ok, die Schallbruchelemente mit dünnem Tuch zu überhängen oder nehme ich ihnen dadurch Funktion?

Vielen Dank für Antworten.
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Paeida
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Beitrag von Paeida »

Hallo Holger,

hast du den Platz, dir eine Sprecherkabine zu bauen? So hättest du weniger zu dämmen und kannst deine Wände hell lassen...
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Holger Hendel
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Beitrag von Holger Hendel »

Paeida hat geschrieben:Hallo Holger,

hast du den Platz, dir eine Sprecherkabine zu bauen? So hättest du weniger zu dämmen und kannst deine Wände hell lassen...
Leider nein, sonst hätte ich mir eine alte Sauna o.ä. geholt, diese in den Raum verbracht und als Aufnahmekabine verwendet - das funktioniert super gut doch mein Raum ist leider viel zu klein, da ich ihn auch als Unterrichtsraum nutze...da lagern an die 13 Saiteninstrumente, diverse Drucker, Aufnahmetechnik, Regale voller Bücher... :( Zu klein. Immerhin habe ich es geschafft, den PC auszulagern, sodass die Störgeräusche auf ein Minimum reduziert sind. Das ist eine tolle Sache.
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TorstenW
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Beitrag von TorstenW »

Erstmal vorweg: ich bin jetzt auch kein Raumakustik-Experte.

Grundsätzlich ist es aber so, dass man da ziemlich viel auf Frequenzabhängigkeit der Dämm-Materialien achten sollte.

Diese ganzen Noppen Geschichten wirken wenn man sie auf die Wand pappt grob ab 2000Hz aufwärts, je nachdem wie dick die sind.
(ich glaub die Rechnung war: 1/4 der Wellenlänge die absorbiert werden soll = Dicke des Absorbers, für poröse Absorber. Ganz grob)

D.h. wenn man nur solche Noppen verwendet, fängt man zwar Sachen wie Flatterechos etc gut ab, aber vernachlässigt noch einen recht großen Frequenzbereich.
Bei Vorhängen ist das ähnlich, wobei hier zum einen der Fakt wirkt, dass die Wellen unregelmäßiger (als von der glatten Wand) reflektiert werde, als auch, dass der Wandabstand eine gute Rolle spielt.
Je größer der Wandabstand, desto tiefer die Frequenzen die man absorbieren kann. (ich glaub um 100Hz mit Noppenschaum zu absorbieren müsste man den 80cm oder so von der Wand weg aufstellen.. aber wer kann das schon..)
Aber es gibt halt noch solche Sachen wie Helmholtzresonatoren etc, die Platz sparen.

Ich kenne viele Berichte von Leuten, die das ganze so angegangen sind, dass sie sich Absorber selbst gebastelt haben, indem sie Glas-/Steinwolle in Holzrahmen gepackt haben und dann mit Stoff verdeckt.
Das ist dann zum einen wesentlich effektiver, als Noppenschaum, als auch billiger, und man kann es sich farblich nen bisschen ausgestalten.

Ganz persönlich würde ich mich aber bevor ich so ein Projekt angehe erstmal damit beschäftigen, was denn überhaupt einen guten Raum ausmacht, und wie man das messtechnisch erfassen kann.
Einfach "nach Gefühl" irgendwelche Absorber irgendwo hinstellen ist für mich etwas viel Trial & Error.

Was hast du denn momentan konkret für Probleme, die dich stören?
Also was ist der Grund für die Optimierung?

Da würd ich erstmal ansetzen. Manchmal ist es ja gar nicht schlimm, wenn man den Raum auf den Aufnahmen etwas hört.
Aber ansonsten würd ich wirklich gucken welche Frequenzbereiche da konkret Probleme machen und die dann gezielt bearbeiten, weil sonst kann es sein, dass du dir da immer die gleichen Frequenzen noch mehr wegdämmst, die aber eigentlich völlig unproblematisch sind, während die fiesen Frequenzen von deiner Dämmung gar nicht erfasst werden.
Gast

Beitrag von Gast »

[quote="threiter"]hallo,

vorab:
wer mit wenig geld viel dämmung erreichen will, der kann mich gerne privat kontaktieren.
ich bring hier mal eine mischung aus eigener erfahrung und theorie.

1.
die pyramidenform bringt in den grössen wie du sie hast praktisch nichts.

2.
10 cm dicke platten an der wand sind nicht wirklich dick.
das verringert zwar die halligkeit beträchtlich, macht aber den raum "mumpfig"; er dröhnt dann in den unteren mitten, und die raummoden, die ja eigentlich das schlimmste sind (und bei normalen raumgrössen garantiert im frequensbereich von gitarren liegen), werden überhaupt nicht beeinflusst.

3.
abhängen mit stoff:
wenn man den stoff in einer lage an den mund presst, und man dann noch mit mühe und not noch atmen kann, dann ist der stoff tauglich.
noch besser sind lautsprecherbezugsstoffe, die es in meterware bei ebay gibt.

4.
wände und ecken sind die optisch ansprechendsten, von der raumausnutzung optimalen, aber dämpfungstechnisch denkbar wirkungslosesten positionen.
je weiter im raum drin desto besser.

5.
die ganzen akustikdämmsets die es bei den üblichen verdächtigen musikalienversänden gibt, sind relativ teuer und bringen relativ wenig.
insbesondere die "bassfallen" (ironischerweise für die ecken vorgesehen, tststs) bringen mit nur 4 oder 6 stück praktisch nichts.
weitaus mehr für's geld bekommt man z.b. beim schaumstoffdiscounter (googeln, basotect). dort bekommt man für etwa 2/3 des preises das doppelte volumen an schallabsorbern als komplettes set, HELLGRAU! , oder für noch weniger geld b-ware, und für nochmal weniger geld reststücke (die aber durchweg rechteckig sind und mehrheitlich ein einheitliches format haben).
speziell mit b-ware und reststücken hab ich reichlich erfahrung.

6.
für heimstudio / kellerraumverhältnisse ist es fast immer besser, möglichst viel absorbervolumen auf möglichst wenig fläche zu verteilen, UND das ganze möglichst weit weg von wänden und ecken zu platzieren.
mit anderen worten: lieber weniger und dafür dickere absorber.

7.
alte sofas, sessel etc sind gute breitbandabsorber (also auch bei bässen wirksam).
offene regale mit unregelmässigem inhalt sind besser als geschlossene schränke.

8.
für gute heimstudioverhältnisse braucht man keinerlei messtechnik.
eine sinustonquelle (z.b. im 1/3 oktavabstand) und ein gesundes ohr reichen aus.

tr
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Paeida
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Beitrag von Paeida »

Wo ich gerade Thomas' gute Tipps lese: Ganz dunkel erinnere ich mich, dass irgendjemand im Recording Forum mal eine Bauanleitung für eine "Ikeaschrank - Bassfalle" gepostet hat. Die soll gut funktionieren und ist nicht teuer.

google mal danach

Edit: Ich hatte mal das Glück, einen Schüler zum Praktikum in die Zanki Studios begleiten zu dürfen, die hatten auch nicht den ganzen Aufnahmeraum mit Schaumstoff verkleidet...

Ein guter Freund behilft sich mit Schaumstoff Stellwänden, auf dem Boden liegt ein dicker grobfloriger Teppich (kostet ca 100 €).

Edit2: Aldi Süd hat gerade einen großen und hervorragend dämmenden Teppich für 50 €!
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