Stegeinlage Plastik oder Knochen?

Tonabnehmer, Vorverstärker, Setup, Saitenverschleiß oder sonstwelche technischen Aspekte der Gitarristerei....

Moderator: RB

jürgenM

Stegeinlage Plastik oder Knochen?

Beitrag von jürgenM »

Hi,

meine Frage: Ist das wirklich ein großer Unterschied?

Klar, Plastik ist in der Herstellung billiger, weil es gegossen werden kann. Knochen muß handgearbeitet werden. Aber der preisliche Unterschied ist ja nicht so riesig, denke ich.
Wie sieht es denn mit dem klanglichen Unterschied aus? Ist der wirklich deutlich?
Gruß...J.
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Gitarrenmacher
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Beitrag von Gitarrenmacher »

Plastik ist nicht gleich Plastik.

Es gibt weiches, hartes, festes, zähes.
Der Klangunterschied zwischen beispielsweise weichem Plastik und einem harten Knochen ist in den allermeisten Fällen für jedes geschulte Ohr hörbar, -wenn das Instrument das hergibt-. Ob der klang nun besser oder schlechter zu bewerten ist, ist rein subjektiv. Bei einer Konzertgitarre, die ich mit Knochenteilen "aufwerten" sollte, habe ich den Steg wieder zurücktauschen müssen, weil dem Besitzer der Klang zu schrill war.

Bei den Spezialkunststoffen, wie Tusq oder Graphit ist die ganze Sache noch subtiler. Da gilt "Drei Experten, fünf Meinungen". Da eine universelle Empfehlung zu geben, ist imho nicht möglich.

Es gibt unbestritten mehr oder weniger deutliche Klangbeeinflussung.

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Christian
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jay-cy
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Beitrag von jay-cy »

Ich gehe in jedem Fall PRO Knochen/Walross/Mammut. IMHO und nach meiner Erfahrung kommt da auch Tusq nicht mit.
Lies dazu mal bei Bob Colosi auf der website nach...

Aber wie Christian schon sagte: drei Leute, fünf Meinungen. Geht in die gleiche Richtung wie "welcher Pickup ist der beste?" :wink:
Saitensprung

Beitrag von Saitensprung »

Meine Sigma besitzt Stegeinlage und Sattel aus Knochen. Meine Seagull und die Ovation haben diese Teile aus TUSQ. Leider könnte ich den Unterschied nur feststellen, wenn ich an jedem Instrument beide Materialien testen könnte. Im Vergleich Folk-Gitarre mit Knochensteg/-sattel gegen Folkgitarre mit TUSQ-Steg/-Sattel merke ich jetzt nicht, dass Knochen wärmer oder länger klingt.
Ich glaube einfach, dass Knochen einfach uriger ist. Ich würde ihn einfach bevorzugen. Austauschen tu ich das Tusq-Material jetzt aber auch nicht.
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jay-cy
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Beitrag von jay-cy »

Habe in meiner Martin Dread Tusq, Knochen ("vintage" und gebleicht), Elfenbein und Mammut ausprobiert - bei letzterem ist es dann geblieben. In meiner OM ist aktuell Walross drin. Akustisch kein großer Unterschied zu Knochen (zu Tusq allerdings), aber Mammut und Walross sind wegen der höheren Dichte besser für Untersteg-Transducer. Carbon hab ich auch noch liegen, bin aber noch nicht zum Feilen gekommen. Das Sattelmaterial ist nicht so gravierend in der Klangbeeinflussung. Aber da find ich Kunststoff einfach nicht so pralle von der Haptik her, auch wenn's "man-made ivory" (Tusq) ist...
jürgenM

Beitrag von jürgenM »

Hi,
Sattel sehe ich vom Klang her auch nicht für so wichtig an, im Gegenteil:
Eine ungegriffene Saite klingt doch hübscher als eine gegriffene. Die Idee des "Nullbundes" wird im Gitarrenbau leider viel zu wenig aufgegriffen, das würde den Unterschied etwas vermindern, aber anderes Thema.

So, wie ich das sehe, sollte ich es einfach mal versuchen mit dichtem Knochen, ...Mammut...huch

Ich male mir das so aus: Die Zargen und der Boden sind Resonanzsachen, die Decke schwingt.
Der Übergang von der Saitenschwingung zur Schwingung der Decke sollte optimal sein. Ob das vom Material der Stegeinlage abhängt...weiss nich, deshalb meine Frage.
Sehe aber schon, daß ich mal mit dichterem, natürlichem Material rumprobieren sollte.
Eines ist klar: Gut spielen ist wichtig, aber wenn einem die Klampfe die Mühe mit bestmöglichem Klang zurückgibt, dann ist die Übung das Spiel.

Gruß...J.
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jay-cy
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Beitrag von jay-cy »

Naja, Dichte ist nicht alles, sonst könnte man ja gleich Messing oder Wolfram nehmen ;)
Saitensprung

Beitrag von Saitensprung »

jay-cy hat geschrieben:Naja, Dichte ist nicht alles, sonst könnte man ja gleich Messing oder Wolfram nehmen ;)
Der Rainer H. hat genau mit ersterem ganz gute Erfahrungen gemacht!
rwe
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Beitrag von rwe »

jürgenM hat geschrieben:Die Idee des "Nullbundes" wird im Gitarrenbau leider viel zu wenig aufgegriffen, das würde den Unterschied etwas vermindern, aber anderes Thema.
Na ja, die traditionellen deutschen Gitarrenbauer haben den Nullbund häufig benutzt, im Jazzgitarrenbereich sowieso, aber auch bei Flattops. Fylde nutzt ihn auch. Auf der anderen Seite kann natürlich der Klangunterschied zwischen leeren und gegriffenen Saiten auch bewusst genutzt werden. Bei den Jazzern weniger, daher ist der Nullbund da gut passend. Von der Intonation ist er natürlich auf allen Instrumenten sinnvoll.
jürgenM

Beitrag von jürgenM »

@rwe, da hast Du wohl recht...framus und so...
aber es geht mir um die Stegeinlage, andere Baustelle...

@gitarrenmacher,
der Kunde hat dann wohl auch neue Saiten draufgehabt, die Klampfe auch nicht sofort in der Hand gehabt, sich vll. zuviel von der Veränderung versprochen usw.

Das erinnert mich an eine Sache: Ein Bekannter, Musiker hat zweimal im Jahr die Motorhaube von seiner Karre aufgemacht, einen Hocker hingestellt, draufgestiegen, Hosenlatz auf und den kompletten Motorraum vollgepinkelt...
Er meinte, seitdem er das macht, ist ihm nie ein Marderschaden vorgekommen.
Ich sage zu ihm: Das ist unwissenschaftlich, es fehlt der Vergleich. Wer sagt denn, daß der Marder ohne diese Sauerei die Schläuche und Kabel angefressen hätte.
Komische Geschichte aber gutes Beispiel.

Hat denn jemand mal den direkten persönlich erlebten Vergleich zwischen den verschiedenen Materialien auf der selben Gitarre getestet?

würde mich über weitere Antworten freuen Gruß...J
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jay-cy
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Beitrag von jay-cy »

siehe mein obiger post...
jürgenM

Beitrag von jürgenM »

Hi jay-cy,
habs nochmal gelesen.
Etwas schwer für mich zu verstehen, ich dachte, die Gitarre heisst Martin Dread Tusq...es gibt ja die dollsten Bezeichnungen.
Du schreibst:"...kein großer Unterschied zu Knochen(zu Tusq allerdings)"

Also das ist doch schon mal ne Ansage. Könntest Du mal versuchen, den klanglichen Unterschied zu beschreiben. Ich kann mir einen kernigeren, wärmeren Klang vorstellen, irgendwie edeler. Wenns dann doch nur placebo wäre, würde ich die Finger davon lassen.

Gruß...J.
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hmarke
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Beitrag von hmarke »

jay-cy hat geschrieben: ...Lies dazu mal bei Bob Colosi auf der website nach...


Getan.

Zumindest materialtechnisch hat er wohl kaum Ahnung, denn fast am Anfang steht:
[bone] is denser than any of the synthetic materials...
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Gitarrenmacher
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Beitrag von Gitarrenmacher »

jürgenM hat geschrieben: @gitarrenmacher,
der Kunde hat dann wohl auch neue Saiten draufgehabt, die Klampfe auch nicht sofort in der Hand gehabt, sich vll. zuviel von der Veränderung versprochen usw.
Was veranlasst dich zu dieser Vermutung?
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jay-cy
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Beitrag von jay-cy »

Oje, Klänge beschreiben... auf Martin klang das Knochen/Mammut...material runder,weicher, voller als Tusq. Verstärkt verwischen die Unterschiede wieder. Zudem muss man da mit den Naturmaterialien aufpassenwegen der Homogenität. Grade fossiles Walross kann da sehr inhomogen sein (von der "normalen" Struktur bis hin zu quasi quarzähnlichen Strukturen durch die Mineralisierung; das kann man aber auch geschickt nutzen, um die Transmission einzelner Saiten zu steuern).
Zumindest materialtechnisch hat er wohl kaum Ahnung
Schön, was da wieder verallgemeinert abgeleitet wird. Hast Du mal nachgewogen? Wie viele Stegeinlagen? Welche Materialen hast Du schon verarbeitet? Wie kommst Du zu Deiner materialtechnischen Fachkunde?
*kopfschüttel*
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