Hi Holger,
zu der Frage passt vielleicht das, was ich gestern erlebt habe. Bin mit dem latenten Vorsatz, mich
in die Martinisten-Riege einzureihen, zu einem Händler, um vor allem mal die gelobte neue Version
der D-18 zu testen. Es war allerdings keine da und die, die vor Weihnachten noch kommen, sind
bereits alle verkauft! Also habe ich etliche Alternativen probegespielt, war aber von den meisten
Gitarren zwischen 1000 und 3000 € eher unberührt und von einer älteren D-18 sogar enttäuscht.
Das lag nicht nur an Klangvorstellungen, sondern (wie so oft) auch an grundsätzlichen Erwartungen
an den Spielkomfort und am manchmal grausigen Zustand von Showroom-Instrumenten.
Da ich immer schon mit großer Freude Rosinen in der Economy-Class gesucht und teils gefunden
habe, bin ich das Angebot der unteren Preisregion durchgegangen und bei einer
Stanford 46 D3-SO ECW
(Fichte/Ovangkol) hängen geblieben, die ich schließlich auch an der Kasse mit 479 € bezahlen musste.

Sehr gut verarbeitet, toll bespielbar und ein Klang, wie er mir gefällt. Tiefer runder Bass, ohne den
sonst oft anzutreffenden leicht komprimierten Mitten-Scoop, aber mit krispem Glanz in den Höhen.
Erzielbare Lautheit und Tragweite sind im Vergleich zu anderen Modellen vielleicht ein klein wenig
geringer. Insgesamt aber produziert sie ein Klangbild, das für unterschiedliche Spielarten geeignet
sein dürfte. Es mag sein, dass der Eine oder die Andere anfangs einen ausgeprägten marken- oder
bauarttypischen Charakter vermissen könnte. Ein bisschen erinnert die 46 D3 klanglich an Furch, der
diese Modelle ja auch konzipiert hat.
Die Stanford ist relativ leicht, die dünn ausgearbeitete Decke mit scalloped Bracing spricht gut
an. Der Hals hat mit
46 mm (hatte schon befürchtet, dass es das bei Dreads nicht gibt) bequeme
Ausmaße für dickere Fingerchen und Fingerstyle-Ambitionen. Wenngleich die Bundstäbe noch
eine Hochglanzpolitur benötigen, ist die Verarbeitungsqualität mehr als angemessen. Auch die
Ausstattung würde ich als sehr gut bezeichnen. Ein Ebenholzgriffbrett kann man hier nicht
erwarten, aber Sattel und Stegeinlage sind aus Knochen, Binding aus Holz und wenn ich bedenke,
dass das in der aktuellen Version verbaute
Nautilus Spectral Pickupsystem (ohne Zargenradio!)
als Nachrüstteil allein schon 175 € kostet, halte ich das Preis-/Leistungsverhältnis für sehr gut.
Die Gitarre ist für mich außerdem erneut ein Beispiel dafür, dass es nicht immer vollmassiv
sein muss.
Wenig überraschend war wieder die Erkenntnis, dass nix über Probieren geht. Andere Modelle
derselben Marke haben mich nicht überzeugt. Trotzdem kann ich empfehlen, Stanford in
Kaufüberlegungen einzubeziehen und nach einer „Rosine“ Ausschau zu halten.
Ach ja: Der Reverend möge mir verzeihen – sie hat einen Cut.
PS: Sorry, ist jetzt mehr als nur ein Tipp geworden.